Vor dem Hintergrund einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung, wonach 17.000 Sozialwohnungen in Saarbrücken fehlen, fordere ich als sozialpolitischer Sprecher unserer Grünen Stadtratsfraktion eine deutlich höhere Förderung des sozialen Wohnungsbaus seitens des Bundes sowie ein effektives Marktanreizsystem für Wohnungsgesellschaften und Unternehmen.
Bundes- wie auch saarlandweit mangelt es zwar nicht an Wohnraum generell, wohl aber an preisgünstigen Wohnungen für Menschen, die auf Sozialleistungen angewiesen sind. Die Landeshauptstadt Saarbrücken stellt hier keine Ausnahme dar, wie die jüngste Studie der Hans-Böckler-Stiftung bestätigt hat. Um die Situation in Saarbrücken zu verbessern, hat der Stadtrat im Rahmen der Haushaltsberatungen 2017 beschlossen, eine Million Euro zur Förderung des preisgünstigen Wohnraums bereitzustellen. Doch das alleine reicht angesichts des steigenden Armutsrisikos und des Bevölkerungswachstums bei weitem nicht aus. Mit den veranschlagten Mitteln können voraussichtlich höchstens drei Mehrfamilienhäuser erworben werden. Ich erwarte daher von der Landesregierung, sich gegenüber der Bundesregierung generell für eine höhere Fördersumme einzusetzen und tatsächlich auch alle Fördermittel weiterzuleiten. Ich halte bundesweit wenigstens zwei Milliarden Euro jährlich an Geldern für den sozialen Wohnungsbau für nötig.
Zudem brauchen wir ein bundesweites Marktanreizsystem für den nachhaltigen Ausbau von Sozialwohnungen. Ich spreche mich für eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit aus. Im Rahmen eines solchen Systems sollen Wohnungsgesellschaften, Unternehmen und Privatanbieter eine steuerliche Förderung erhalten, wenn sie Wohnungen gemeinnützig zur Verfügung stellen. Außerdem sollen Privatinvestoren Investitionskostenzuschüsse gewährt werden. Im Sinne einer nachhaltigen Ansiedlungspolitik müssen wir Grünen größten Wert darauf legen, dass vorrangig bestehende Wohnungen angekauft beziehungsweise saniert werden, anstatt weitere Flächen zu versiegeln und Neubauten zu errichten. Desweiteren muss sichergestellt sein, dass ausreichend barrierefreier Wohnraum zur Verfügung gestellt wird, da es gerade an diesem in Saarbrücken erheblich mangelt.
In Saarbrücken fehlen – völlig unabhängig von Fehlallokationen bei der Verteilung von Wohnungen – 17.271 Wohnungen zu günstigen Mieten, damit rechnerisch alle Haushalte mit leistbaren Wohnraum versorgt werden können.
Das größte Defizit an leistbaren Wohnungen besteht für die Haushalte mit einem Einkommen von weniger als 60% des Bundesmedians. Für die Haushalte dieser Einkommensklasse fehlen 16.839 leistbare Wohnungen. Der Unterversorgungsgrad (UV-Grad) gibt für die verschiedenen Einkommensgruppen an, an wie hoch der Anteil der Haushalte ist, der nicht mit leistbaren Wohnungen versorgt werden kann. Der Unterversorgungsgrad der Haushalte mit weniger als 60% des Bundesmedianeinkommens beträgt 62,8%. Je höher das Einkommen, desto besser die Versorgungssituation. In der Einkommensklasse zwischen 60 und 80% des Bundesmedians fehlen 432 leistbare Wohnungen. Bei den Einkommen zwischen 80 und 100 Prozent des Bundesmedianeinkommens sind ausreichend leistbare Wohnungen vorhanden.
Weitere Informationen:
Andrej Holm, Henrik Lebuhn, Stephan Junker, Kevin Neitzel:
Wie viele und welche Wohnungen fehlen in deutschen Großstädten? (pdf)
Working Paper Forschungsförderung der Hans-Böckler-Stiftung, Nr. 63, April 2018.
Datenblatt mit den zentralen Ergebnissen für alle 77 Großstädte